Auersmacher. Wenn Mohamed Kernafa und Rami Kardahi von ihren beiden Rollen erzählen, haben sie ein Funkeln in den Augen und freuen sich wie kleine Kinder. „Ich bin Simon von Cyrene. Er ist der erste Heilige mit dunkler Hautfarbe und half Jesus das Kreuz zu tragen. Simon stammt wie ich aus Nordafrika“, erzählt Mohamed stolz. Rami spielt den Apostel Bartholomäus. „Ich bin beim Abendmahl dabei und darf vier Sätze sagen. Ich freue mich jetzt schon darauf und kann es gar nicht mehr abwarten“, sagt Rami.
Beide spielen in diesem Jahr vom 7. März bis zum 19. April bei den Auersmacher Passionsspielen mit (26 Aufführungen). Rami ist 40 Jahre alt und kam mit seiner Familie vor sechseinhalb Jahren aus Syrien nach Deutschland. „In Syrien waren wir nicht mehr sicher. Wir sind Christen und die Wahrscheinlichkeit war sehr groß, dass uns hätte etwas zustoßen können“, erklärt der studierte Mediziner. „In Syrien haben Christen und Muslime über Jahrzehnte zusammengelebt wie Brüder. Quasi von heute auf morgen wurde alles anders, das ist sehr schade“, sagt Rami weiter. Er hat in Auersmacher eine neue Heimat und viele neue Freunde gefunden. „Unsere Familie ist jetzt Auersmacher. Wir lieben diesen Ort. Sei einem halben Jahr sind wir auch offiziell Deutsche und sehr stolz darauf, dass wir hier leben und arbeiten dürfen“, bedankt sich der Syrer. Mohamed Kernafa kam vor 28 Jahren, auch wegen eines Krieges, von Algerien nach Deutschland und fand ebenfalls in Auersmacher seine neue Heimat. Zwei seiner drei Kinder sind in Auersmacher geboren. Bis zum vergangenen Jahr hat er als Altenpfleger in seinem Ort gearbeitet, jetzt ist er in Rente.
Das Außergewöhnliche an Mohamed ist: er ist Muslim und spielt bei der Leidensgeschichte Jesus Christus mit. „Ich bin seit meiner Jugend ein begeisterter Theaterspieler. In allen Religionen geht es darum, dass du deinen Nächsten lieben und respektieren sollst. Im Koran bekommt Jesus sehr viel Respekt. Es ist sehr schade, dass viele Menschen auf der Erde ihre Religion falsch interpretieren und meinen, sie müssen besser sein als andere. Das ist der falsche Weg“, sagt Mohamed. Auch er und seine Familie sind den Auersmacher Bürgern sehr dankbar für alles. „Also man muss als Ausländer schon die Bereitschaft zur Integration mitbringen und sich in der Gesellschaft einbringen. Wenn man dann auf Menschen wie in Auersmacher trifft, kann Integration ganz einfach sein“, weiß der 67-Jährige.
Noch knapp zwei Wochen haben Rami und Mohamed Zeit, ihre beiden Rollen perfekt einzustudieren und das Lampenfieber abzulegen. Dann geht es los auf der großen Bühne des Ruppertshofsaales in. Etwa 10 000 Besucher erwartet der Theaterverein Junge Bühne Auersmacher in diesem Jahr. „Das Spielen auf der Bühne macht großen Spaß, aber noch spannender finde ich die ganzen sechs Wochen. Wir sind an jedem Wochenenden den ganzen Samstag und Sonntag zusammen und haben eine schöne Zeit. Wir spielen die Passion meistens zweimal am Tag“, sagt Rami und bekommt ein zustimmendes Nicken von seinem Freund Mohamed.
Text und Fotos: Heiko Lehmann